Funddaten
Ort: Naturoase Reindobl; N48°45'01,3" E13°11'29,7"
Datum: 30.05.2020
Habitat: Rinde einer Stieleiche; halbschattiger Standort an einem Teich; auf Süd- und Nordseite befinden sich Polster
Orthotrichum affine wächst als ein epiphytisches Moos auf einer Vielzahl von Bäumen (Esche, Haselnuss, Berg-Ahorn und Weide). Es kommt auch auf Gestein an schattigen Stellen vor. (Atherton, Bosanquet, & Lawley, 2010)
Wie viele Arten der Ordnung Orthotrichales ist es empfindlich gegenüber vielen Schadstoffen der Luft und war daher in der Vergangenheit bedroht (Rote Liste 1996 Bayern: 3; Deutschland: V) (Dürhammer & Reimann, 2019). Inzwischen kommt es wieder sehr häufig vor und profitiert von der Stickstoffbelastung der Luft. Daher ist es besonders häufig an Bäumen in der Nähe verkehrsreicher Straßen und in landwirtschaftlichen Regionen zu finden.
Die folgenden Bilder zeigen die kleinen Polster auf der Rinde der Stieleiche und eine dem Polster entnommene Pflanze. Im zweiten Bild ist die Pflanze in trockenem Zustand zu sehen, wie sie auf der Rinde vorgefunden wurde. Bild 3 zeigt dieselbe Pflanze wenige Sekunden nachdem sie mit einigen Tropfen Wasser angefeuchtet wurde.
Zur Artbestimmung wurde der Schlüssel aus Nebel & Philippi, Die Moose Baden-Württembergs Band 2, 2001 verwendet:
- Die Blätter sind ohne Glashaar (Bilder 4 -6).
- Brutkörper wurden nicht gefunden und es ist ein Rindenbewohner (Bild 1).
- Die Spaltöffnungen befinden sich an der Oberfläche der Kapselwand (phaneropor). Bild 7 zeigt eine junge Kapsel, bei der die Kalyptra entfernt wurde. Einige Stomata sind gut zu erkennen. Für Bild 8 wurde die äußere Kapselwand abpräpariert und eingefärbt, womit die Lage einiger Stomata deutlicher zu sehen ist. Bild 9 zeigt die Schließzellen aus einer seitlichen Perspektive, womit zu sehen ist, dass sie nicht eingesenkt sind. Auch in der Draufsicht (Bild 10) ist zu sehen, dass sie nicht eingesenkt sind. Für diese Aufnahme wurde kein Fokusstacking verwendet, womit erkennbar ist, dass Schließzellen und umgebende Zellen in derselben Ebene liegen.
- Das Exostom ist in trockenem Zustand stark zurückgekrümmt und berührt mindestens mit der Spitze die Kapsel (Bild 11).
- Die Kapsel ist zylindrisch und halb eingesenkt. Das Exostom besteht aus 8 Zähnen (Bild 12). Womit jetzt die zwei Arten O. affine oder O. speciosum in Frage kommen.
- Die Kapsel ist mehr oder weniger eingesenkt (Bilder 14, 2, 3) und trocken stark gefurcht. Die Kalyptra ist nur mäßig behaart (Bilder 15 – 16). Blätter haben meist eine breite kurze Spitze.
Die letzten Merkmale sind an einzelnen Objekten nicht immer eindeutig erkennbar, aber beim Vergleich mehrerer Kapseln und Blätter ist der Trend zu erkennen. So liegt es im Auge des Betrachters ob die Kalyptra in Bild 16 mäßig oder stark behaart ist. Die Haare liegen zumeist an der Kalyptra an und stehen nicht auffällig ab. Für die ganze betrachtete Pflanze gilt, dass die Haare der Kalyptren nicht sehr auffällig sind. Gleiches gilt für die Blätter, die immer etwas unterschiedliche Spitzen aufweisen. Aber in Mehrheit sind die Spitzen breit und kurz (Bild 17).
Die Blattzellen sind im basalen Blattteil neben der Rippe verlängert und werden zum Rand hin quadratisch (Nebel & Philippi, 2001) (Bild 18). In der Blattmitte besitzen die Zellen meist zwei Chlorozyten (Smith, 2004) (Bild 19). Der Blattquerschnitt in Bild 20 zeigt die eingerollten Ränder, die mehrschichtige Rippe sowie die Papillen der Blattzellen. Die Bilder 21 bis 23 zeigen Details desselben Blattes. Nicht so klar sind die Deuter (Lorentz, 1867 S.663) zu erkennen. Auf der adaxialen Seite des Blattes sind zwei großlumige Zellen zu sehen, die als solche gelten könnten. Eine dritte großlumige Zelle befindet sich im Zentrum der Rippe. Die Bilder 24 und 25 zeigen weitere Schnitte der Rippe. Hier sind die zwei großlumigen Deuterzellen besser zu erkennen. Diese Deuterzellen sind wesentlich länger, als die anderen Zellen des Blattes, wie die Draufsicht auf die adaxiale Seite des Blattes (Bild 26) zeigt.
Für Bild 27 wurde der Bereich um einen Spross mit jungem Sporophyten freigelegt. Die Kalyptra wurde dabei entfernt. Der Fußbereich mit Vaginula erscheint dunkel hinter einem Blatt. In einer tiefer gelegenen Blattachsel liegt ein Antheridienstand. Einen weiter freigelegten Sporophytenfuß zeigt Bild 28. Dass die Vaginula nackt ist, wie bei Limpricht Bd.2 S85 beschrieben, kann hier nicht bestätigt werden. Sie ist mit unbefruchteten Archegonien und vielen Paraphysen bedeckt. Wobei die Zahl der Paraphysen sehr variiert. Es wurden auch Sporophyten ohne Paraphysen gefunden. Allerdings sind die durchsichtigen Paraphysen nicht immer leicht zu erkennen und fallen leicht ab. Die Länge der Ochrea, die bei Limpricht mit 0,35 mm angegeben wird, variiert zwischen 0,15 mm und 0,25 mm. Um die Paraphysen deutlicher zu sehen, wurde der Sporophyt eingefärbt (Bild 29). Diese Prozedur führte zum Verlust einiger Paraphysen.
Für Bild 30 wurde eine befruchtete Archegonie freigelegt. Hier sind die Paraphysen sehr gut zu sehen. Auch zwischen den Antheridien sind, anders als bei Limpricht beschrieben, Paraphysen zu sehen. Dagegen findet man bei Roth Bd1. S. 495 ein Hinweis auf Paraphysen. Die Archegonie aus Bild 30 wurde weiter separiert, gefärbt und als Dauerpräparat eingebettet (Bild 31). Was wiederum zum Verlust von Paraphysen führte. Trotzdem blieben einige erhalten und die im roten Rechteck befindliche Paraphyse wurde für Bild 32 vergrößert. Rechts neben der Paraphyse befindet sich der Bereich der Archegonie aus dem sich die Sporenkapsel entwickelt. Zwei der sichtbaren Zellen haben schon die Struktur der Haare der Kalyptra.
Da die Paraphysen in Bild 30 nicht sehr deutlich zu sehen sind, wurden einzelne Antheridien und Paraphysen aus dem Antheridienstand herausgelöst. In Bild 33 ist ein Antheridium sowie eine Paraphyse des Antheridienstands von Bild 30 zu sehen. Details der Paraphyse zeigt Bild 34. Paraphysen waren aber nicht in jedem Antheridienstand zu finden. Bild 35 zeigt einen älteren Antheridienstand mit offenen Antheridien. Dort wurden keine Paraphysen gefunden.
Weil bei Roth Bd.1 S.495 eine ausführliche Beschreibung von Orthotrichum affine zu finden ist, wurde für die folgenden Bilder nach weiteren bisher noch nicht beschriebenen Merkmalen gesucht. Zunächst zeigt Bild 36 zwei Sporogone, die sich offensichtlich aus zwei befruchteten Archegonien desselben Archegonienstands entwickelt haben. Hier wurden sämtliche Blätter entfernt, wodurch die kurzen Seten zu sehen sind, deren Länge bei Roth mit 0,6mm angegeben wird. Die Kalyptra eines Sporogons ist abgefallen und liegt neben dem Sporogon. Der Deckel der Sporenkapsel ist rotrandig und geschnäbelt. Der Rand wird bei Roth mit einem 1- bis 2 zellreihigem Ring angegeben. Im vorliegenden Fall erscheint der Rand aber sehr variabel mit geteilten Zellen, die sich nur schwer einer Reihe zuordnen lassen (Bild37). Die Kalyptra reicht fast bis zum Hals der Kapsel. Bild 38 zeigt die Spitze der Kalyptra mit den farblosen Haaren. Den Querschnitt der Spitze einer gefärbten Kalyptra ist in Bild 39 zu sehen. Die Papillen der Haare der Kalyptra, die bei Roth erwähnt werden, zeigen die Bilder 40 und 41.
Bild 42 zeigt den oberen Teil des Fragmentes einer Kapselwand mit dem Peristom. Die von Roth beschriebenen 3- bis 4 zellreihigen Streifen sind erkennbar aber in der Ansicht eines anderen Fragmentes von der Innenseite her besser sichtbar (Bild 43). Die Kapselwand ist zwar mehrschichtig aber sehr dünn (Bild 44). Das Peristom besteht aus Exostom und Endostom (Bilder 42 und 45). Das Exostom besteht aus 8 Paarzähnen mit gefensterter Spitze und ist dicht mit Papillen besetzt (Bilder 45 und 46). Das Endostom besteht aus 8 papillösen Wimpern. Die Wimpern sind in den Bildern 42 und 45 etwas unscheinbar. Daher wurden einige Wimpern eingefärbt, womit auch die Papillen sehr deutlich zu sehen sind (Bild 47).
Der Durchmesse der dicht mit Papillen besetzten Sporen liegt zwischen 15 μm und 20 μm (Bild 48). Für Bild 49 wurde der dichte Rhizoidenfilz an der Basis der Moospflanzen von Fremdkörpern befreit und abgespült. Diese Rhizoiden mit denen das Moos auch auf der Rinde befestigt ist entwachsen dem Stamm (Bild 50). Das Bild 51 zeigt einen Stammquerschnitt. Für die Bilder 52 und 53 wurden die Randzellen bzw. die zentralen Zellen vergrößert aufgenommen.